Der Tod und das Selbstbewusstsein
Anmerkungen zu einer Negation1
»Tod und Geschichte, zumal die kollektive der Kategorie Individuum, bilden eine Konstellation.«
(Adorno. Negative Dialektik)
Überlegungen zum Tod werden aus der Perspektive der Lebenden angestellt. Die Lebenden machen die Erfahrung zu leben erst einmal unmittelbar: sinnlich, wahrnehmend. Sie haben Hunger oder sind satt, müde oder wach, schwach oder kräftig usw. Nur in solchen Situationen, in denen das Leben bedroht ist, wird der Tod indirekt erfahrbar. Für einen Teil der lebendigen Kreaturen, die vernunftbegabten, stellt das Leben mehr als eine unmittelbare Erfahrung dar; ihnen wird es bewusst, und mit diesem Bewusstsein geht eine weitere Erfahrung einher, nämlich in diesem Bewusstsein von der unmittelbaren Lebendigkeit, vom Organismus auch unterschieden zu sein. Im Bewusstsein wird die sinnliche in eine intellektuelle Erfahrung transzendiert, deren Medium also nicht die sinnliche Gewissheit ist, sondern der Begriff. Dieses Bewusstsein, mit dem Körper als einem Vorgefundenen uneins zu sein und sich zugleich als Bewusstsein von der Körperlichkeit auf dieses Vorgefundene zu beziehen und so mit ihm auch eins zu sein, ist Selbstbewusstsein.
Der Tod ist die absolute Grenze dessen, was lebendige Kreaturen sinnlich oder intellektuell erfahren können, und deshalb nur aus der Perspektive des Lebens zu bestimmen: Tod ist mehr noch als die Abwesenheit des Lebens, er ist die Negation der Abwesenheit des Lebens, Negation der Negation ohne positives Resultat. Versuche, den Tod denkend zu bestimmen, laufen deshalb Gefahr, die Grenze des Bestimmbaren zu überschreiten und dem Tod Funktionen oder Gehalte zuzuschreiben, die ihn zu einem Bestandteil des Lebens über das Leben hinaus verklären: Noch die religiösen Vorstellungen vom Leben nach dem Tode müssen sich auf Analogien in der Erfahrung der Lebenden berufen. Nicht zufällig ist das Paradies die Vorstellung der Abwesenheit der Qualen im Leben. Umgekehrt würden die Wenigsten – ausgenommen sind Lebensmüde und Esoteriker – sich auf einen ernst gemeinten Selbstversuch über Erfahrungen nach dem Tode einlassen, aus pragmatischen Gründen. Als absolute Negation ist der Tod begrifflich wie praktisch aber auch konstitutiv für das Leben – theoretisch als Grenze des Lebensbegriffs, durch die Leben als Begriff erst bestimmbar wird, und praktisch in der Antizipation eines Zustandes, der – je nachdem – vermieden werden soll oder beabsichtigt ist, und daher die Handlungen mitbestimmt. Mit dem Tod oder vielmehr der Angst davor wird nicht zuletzt Politik gemacht.
Im Folgenden soll an zwei Modellen, dem philosophischen Lebensbegriff in der Phänomenologie des Geistes von Hegel und dem ästhetischen Modell Becketts Warten auf Godot, der Versuch unternommen werden, Tod in der kritischen Konstellation von intellektueller Bestimmung und ästhetischer Erfahrung zu bestimmen oder besser: die Grenzen der Bestimmbarkeit aufzuzeigen. Diese Themenstellung ist nicht nur von erkenntnistheoretischem Interesse, denn abgesehen davon, dass Erkenntniskritik auch Ideologiekritik ist, wird mit den beiden Modellen zugleich die historische Epoche zwischen Aufklärung und Shoah umrissen. Mit der Themenstellung ist deshalb auch die Frage verbunden, was es bedeutet, wenn die Vorstellung Hegels, dass mit dem Eintreten des bürgerlichen Zustandes die Welt vernünftig und das Leben sinnvoll sei, durch den gnadenlosen Pragmatismus industrieller Massenvernichtung ad absurdum geführt wird. Ist Herrschaft eine Implikation des Denkens oder ist sie vielmehr Ausdruck geschichtlicher Verhältnisse, die als solche eben nicht schon Inbegriff des vernünftigen Selbstbewusstseins sind? Wenn Adorno und Horkheimer recht haben, dass Vernunft und Herrschaft Hand in Hand gehen, dass seit je »Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen«2, dann ist Kritik nicht zu retten.3
Leben, Tod und Herrschaft des Selbstbewusstseins in der Phänomenologie des Geistes
Die Philosophie Hegels, deren Anspruch es ist, sich als Philosophie systematisch auf den Begriff zu bringen, begreift den Tod als intellektuelle Herausforderung. Das soll heißen, dass die systematische Begründung des Denkens als solches4 für Hegel die absolute Prämisse bei der Bestimmung des Todes darstellt. Das Denken ist der logische Grund von allem, und es kann dieser Grund nur sein, wenn es alle Begründung aus sich hervorbringt, sogar die der Notwendigkeit seiner eigenen Existenzbedingungen. Ein Denken aber, dass noch seine Existenzbedingung aus sich reproduziert, wäre absolut, Stellvertreter Gottes auf Erden.
Die Begründungen des Denkens durch das Denken sollen wahr sein, d.h. dass die Kategorien des Denkens mit dessen Gegenständen in Übereinstimmung gebracht werden sollen. Diese Übereinstimmung kann nur eine Übereinstimmung in der Differenz von Denken und Gegenstand sein, denn wären beide dasselbe, dann wäre das Denken gegenstandslos – reine Form ohne jede weitere Bestimmung. Das Denken wird im Begriff auf seinen Gegenstand bezogen, um an diesem Gegenstand zu zeigen, dass er nur als Begriff erfasst werden kann, mit der Pointe, dass der Gegenstand dann seinerseits von seinem Begriff und damit vom Denken gar nicht mehr zu unterscheiden ist. Indem der Gegenstand bestimmt wird, bestimmt das Denken sich also selbst, so dass die Bewegung der Begründung reflexiv wird. Die durchgeführte Begründung, die sich in der Konsequenz auf alle Bereiche geistiger Betätigung beziehen muss – wie Natur, Recht, Kunst, Religion – ergäbe dann ein System der philosophischen Wissenschaften, in dem das Leben als eine Existenzbedingung des Systems zu dessen Moment wird, ebenso der Tod.
Die Frage, wie der Begriff des Denkens aus sich heraus auf das selbstbewusste Leben bezogen ist, kann bei Hegel nur unter Rekurs auf die Phänomenologie des Geistes beantwortet werden. Notwendig allgemeine Urteile gelten unabhängig von Raum und Zeit und sind daher von jeher gültig gewesen. Das Denkvermögen hatte aber noch nicht von jeher auch einen Begriff von sich oder seinen Inhalten. Die Individuen, deren Vermögen das Denken ist, bildeten diesen Begriff in einem geistesgeschichtlichen Prozess erst aus. Als Vermögen ist das Denken jedem geschichtlich realen Denkvorgang logisch vorausgesetzt. Es kann daher seinen Anfang nur in sich haben, ohne von etwas anderem abzuhängen. Das Denken ist insofern originell und frei. Wenn aber der Begriff dieses Vermögens erst in der Geschichte entwickelt wird, dann hat das Denken zugleich einen Anfang in der Zeit. Das Denken als sich in der Zeit entwickelndes ist Selbstbewusstsein. Für die Darstellung innerhalb der Phänomenologie ergibt sich aus der Differenz von Denkvermögen und Begriff des Selbstbewusstseins, von logischem und zeitlichem Anfang das Problem, dass die geschichtliche Entwicklung des Selbstbewusstseins selbst nur von einem geschichtlichen Standpunkt aus nachvollzogen werden kann. Autor wie Leser gehören einer bestimmten Zeit an, weil sie keine logischen, sondern geschichtliche Subjekte sind. Zugleich ist das Ziel der Phänomenologie der Nachweis, dass die Erfahrungen des Selbstbewusstseins in ein überzeitliches Resultat münden, nämlich in den absoluten und logischen Anfang des Denkens, der in der Wissenschaft der Logik thematisch wird. Die Begründung des logischen Begriffs setzt also das geschichtliche Bewusstsein von den logischen Gehalten und den Subjekten, die sie denken, voraus. Damit werden in der Phänomenologie des Geistes die Voraussetzungen für die Wissenschaft der Logik entwickelt.
Das Problem des Verhältnisses des zeitlichen zum logischen Anfang bleibt aber der Phänomenologie nicht erspart, sondern wiederholt sich in dieser, denn auch das Selbstbewusstsein ist Einheit von Denken und Erfahrung, sowie umgekehrt das Vermögen der Erfahrung vorausgesetzt ist. Hegel konstruiert daher die Entwicklung der Phänomenologie von unterschiedlichen Standpunkten aus: Er unterscheidet die Bewegung des Selbstbewusstseins als eine Erfahrung aus der Perspektive dieser Entwicklung. Diese Perspektive des Selbstbewusstseins ist an sich und identisch mit der Entwicklung selbst, so dass das Selbstbewusstsein, welches in der Phänomenologie die Erfahrungen macht, am Anfang nichts weiß, am Ende jedoch auf die gesamte Entwicklung zurückblickt und in sich aufgenommen hat. Zugleich wird diese Perspektive aber von einem Selbstbewusstsein nachvollzogen, das mindestens den Stand des Bewusstseins zu Hegels Zeit teilt und deshalb schon von Beginn an um das Ziel der Erfahrungen des Selbstbewusstseins weiß. In dieser Perspektive ist die Erfahrung des Selbstbewusstseins für uns. Der Weg des Wissens in der Phänomenologie zitiert geistesgeschichtlich reale Vorstellungen, um sie auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Maßstab der Kritik des geistesgeschichtlichen Wissens ist das Telos, die Begründung des logischen Anfangs, aber dieses Telos liegt nicht im Weg des Wissens, sondern wird von außen, »von uns«, an die Entwicklung herangetragen. Insofern verknüpft Hegel beide Perspektiven in der Phänomenologie. Wenn das Programm aufgehen soll, müssen die Erfahrungen beider Perspektiven im Anfang der Wissenschaft der Logik zusammengehen.
Das Telos der Phänomenologie ist für die Interpretation des Lebensbegriffs bei Hegel ebenso leitend, wie für den Herrschaftsbegriff. Weder wird das Leben bei Hegel als ein biologisches Faktum untersucht, noch Herrschaft als ein geschichtliches Phänomen. Sie werden als Entwicklungsgestalten des Selbstbewusstseins und damit als philosophische Begriffe verhandelt. Entsprechend ist auch das Selbstbewusstsein kein individuelles Vermögen, sondern es ist die logische Einheit seiner und aller individuellen Erkenntnisvermögen – sinnliche Gewissheit, Wahrnehmung, Kraft und Verstand. Hegel arbeitet mit einer Äquivokation, indem er diese Vermögen einerseits als erkenntnistheoretische Begriffe fasst, andererseits aber auch als Momente des Organismus. Als Einheit dieser Momente ist das Selbstbewusstsein bloße Tautologie, Ich = Ich, weil es sich in seinen Erkenntnisvermögen nur auf sich bezieht. Soll es darüber hinaus eine Bestimmung erhalten, dann muss es auch im Unterschied zu den Erkenntnisvermögen gedacht werden. Sinnliche Gewissheit, Wahrnehmung, Kraft und Verstand werden in dieser Unterscheidung gegen das Selbstbewusstsein verselbständigt. Sie sind dann Bestimmungen des Lebens als Organismus, den das Selbstbewusstsein als seine Lebensgrundlage vorfindet. Tatsächlich bestimmt Hegel das Leben in der Phänomenologie also nicht als tierisches, denn das verfügte nicht über Kraft und Verstand, Kategorien, die in der Phänomenologie unzweifelhaft erkenntnistheoretisch bestimmt sind. Das Leben ist verständiges, an sich reflexives Leben. Weil aber dieses verständige, in sich reflexive Leben noch keinen Begriff von sich entwickelt hat, ist es zunächst noch kein Selbstbewusstsein: »Diese einfache Unendlichkeit oder der absolute Begriff ist das einfache Wesen des Lebens, die Seele der Welt, das allgemeine Blut zu nennen, welches allgegenwärtig durch keinen Unterschied getrübt noch unterbrochen wird, das vielmehr selbst alle Unterschiede ist, so wie ihr Aufgehobensein, also in sich pulsiert, ohne sich zu bewegen, in sich erzittert, ohne unruhig zu sein. Sie ist sichselbstgleich, denn die Unterschiede sind tautologisch; es sind Unterschiede, die keine sind.«5 Durch diese Konstruktion ist das Leben bei Hegel gnadenlos sinnvoll, bis in das Leid der historischen Subjekte hinein.
Für die Reflexion des Lebens, deren Ziel es ist, sich als absolute Einheit aller Unterschiede zu erweisen, stellt sich die Indifferenz zwischen dem Selbstbewusstsein und dem Organismus als ein Widerspruch dar, den es aufklären muss. Sich als die Einheit mit seinem Gegenteil, dem Leben, zu erfassen, wird daher zu seiner Begierde. Damit ist das Leben bei Hegel so wenig ein biologisches Faktum wie die Begierde ein körperliches Bedürfnis ist. Vielmehr werden beide Begriffe als Objektivationen der Reflexivität des Denkens im Organismus bestimmt. Gleichwohl benennt Hegel die Funktionen des Denkens umgekehrt nicht zufällig nach den biologischen Korrelaten dieser Begriffe, da sie als Gegenstände des Denkens ebenso von diesem unterschieden sein müssen.
Das Leben, insofern es sich von der Reflexion unterscheidet, hat objektive Existenzbedingungen, weil es sich als Organismus reproduzieren muss. Anders als die Erscheinungen in der physikalisch oder chemisch bestimmbaren Natur sind die Prozesse in den Organismen nicht durch eine Reihe von notwendigen Ursachen aufklärbar, sondern die Lebensprozesse sind organisch aufeinander verwiesen und ergänzen sich. Erst wenn ein Organismus stirbt, gehorchen seine Teile widerstandslos den Naturgesetzen. Vorher erscheint es zumindest so, dass die Teile des Körpers auf das belebende Prinzip, die Seele, teleologisch hin geordnet sind, während der tote Körper verwest.6 Die Reproduktion der Organismen ist auf anderes verwiesen. Um sich ernähren zu können, müssen die Lebenden Essbares vorfinden, das sie sich einverleiben können. Das Essbare ist selbst immer von organischer Natur, so dass hier implizit vom Töten die Rede ist, was aber von Hegel nicht ausgeführt wird. Hegel redet in diesem Zusammenhang vom Aufzehren der unorganischen Natur, die aber nur unorganisch ist, weil sie tote organische Natur ist.7 Im Gattungsprozess beziehen sich die Exemplare auf andere Exemplare ihrer Gattung. Das bedeutet, dass die Exemplare zwar als Individuen voneinander unterschieden sind, indem dieses Andere aber derselben Gattung angehört, beziehen sie sich zugleich auf Ihresgleichen. Der Gattungsprozess ist reflexiv und diese Reflexivität sei Manifestation des Denkens in der Objektivität. Der Gattungsprozess ist einerseits an die Individuen, die leben und sterben, gebunden. Mit einem Individuum stirbt deshalb auch ein Träger des Prozesses. Andererseits ist die Gattung das Bleibende im Entstehen und Vergehen der Individuen. Dieser Gattungsprozess ist aber nicht unmittelbar für die in dem Prozess befangenen Individuen, sondern er ist für ein auf den Prozess reflektierendes Selbstbewusstsein; die Gattung ist für ein Individuum, das auf die Einheit der vielen Prozesse schließt. Es ist damit einerseits als denkend von dem Prozess unterschieden und beschreibt andererseits zugleich auch seine eigene Lebensgrundlage.
Hegel reflektiert auf das Leben aus der Perspektive eines Selbstbewusstseins, dessen Zweck es ist zu zeigen, dass es im Anderen nur Bestimmungsmomente seiner selbst findet. Mit der Abhandlung des Lebens versteht das Selbstbewusstsein sich als Organismus und macht seine Erfahrungen, indem es sich anderes einverleibt. Das Andere wird in seiner selbständigen Existenz vernichtet und zum Bestandteil des Organismus. So verfährt Hegel auch mit dem Tod: Die Realisierung des Selbstbewusstseins ist das Telos, die Todeserfahrung ist die absolute Negation dieses Telos, daher muss die Todeserfahrung dem Selbstbewusstsein integriert werden, denn »das absolute Nichts denkt sich nicht.«8 Das soll gelingen, indem das Sterben zu einem produktiven Moment in der Realisierung des Selbstbewusstseins dann vor allem im Herr-Knecht-Verhältnis erklärt wird.
Das Einverleiben des Anderen, das zunächst noch nicht auf menschliches Leben, sondern auf Leben im Allgemeinen bezogen wird, wird zum Movens des weiteren Fortgangs: Das Selbstbewusstsein findet in der Vernichtung keine beständige Anerkennung, denn wenn das Andere vernichtet wird, entsteht das Bedürfnis nach Anerkennung von Neuem und kann nur befriedigt werden, indem wiederum ein Anderes vernichtet wird usf. bis ins Unendliche. Das Selbstbewusstsein findet sich nur durch seinesgleichen bestätigt, so dass sich zwei individuelle Selbstbewusstseine wechselseitig und symmetrisch anerkennen sollten. Weil aber das Selbstbewusstsein den Anspruch erhebt, absolute Einheit zu sein, kann es ein anderes Selbstbewusstsein nicht als seinesgleichen gelten lassen, denn das erhebt denselben Anspruch. Aber nur eines der beiden kann absolut sein. Die beiden selbstbewussten Individuen werden so zu Kontrahenten, die auf Leben und Tod darum kämpfen, wer von beiden die Dominanz seines Anspruches durchsetzen kann. Indem sie ihre jeweiligen Leben aufs Spiel setzen, wollen sie zeigen, dass es ihnen nicht um das Leben zu tun ist, sondern um ihr Selbstbewusstsein. Aber dieser Versuch muss scheitern, denn von einem toten Gegner wird der Überlebende ebenso wenig anerkannt.
Die Erfahrungen macht das jeweils überlebende Selbstbewusstsein, darin erhält sich die Überlegung vom Anfang, dass der Tod kein Gegenstand möglicher Erfahrung ist. Der siegreiche Kämpfer macht an dem Tod des Anderen die Erfahrung, dass das Selbstbewusstsein nicht ohne Körper ist und dass sein Selbstbewusstsein sich ohne den Anderen nicht realisieren kann. Mit dieser Erkenntnis hat das Selbstbewusstsein zwei Zwecke, den der Realisierung seines absoluten Anspruchs und den, sich durch Reproduktion am Leben zu halten. Der Kampf um Anerkennung wird deshalb in ein herrschaftlich organisiertes Reproduktionsverhältnis transformiert. Derjenige, der im Kampf unterliegt, wird Knecht, der Andere sein Herr. Der Knecht arbeitet und erwirtschaftet so ein Produkt, von dem er selbst, aber vor allem auch der Herr leben kann. Während der Knecht so mit der Versorgung körperlicher Bedürfnisse befasst ist, hat der Herr das Kommando über die Arbeitskraft und das Arbeitsprodukt und muss sich selbst die Hände nicht schmutzig machen. Er genieße sein Selbstbewusstsein »rein«.
In diese Arbeitsteilung, in der die Erfüllung der beiden Zwecke unterschiedlichen Individuen zukommt, geht das Gewaltverhältnis des Kampfes ein, denn der Knecht wird unterworfen: Der Knecht ist der Möglichkeit nach ebenso frei wie der Herr, aber ihm wird die Realisierung seines Selbstbewusstseins nur in dem Maße zugestanden, wie es für seine Aufgabe der Naturbearbeitung nötig ist. Andererseits kann die Unterwerfung des Knechtes auch nicht rein mechanisch gedacht werden, denn im Gegensatz zu einem Werkzeug muss der Knecht die Zwecke des Herren auch zu seinen eigenen machen. Die Bereitschaft des Knechtes, sich gegen sein Schicksal nicht aufzulehnen, erhöht sich um ein Vielfaches, wenn der Herr über die Mittel und das Arbeitsprodukt verfügt, die der Knecht nicht nur für die Reproduktion des Herren, sondern auch für seine eigene benötigt. Dann kann der Herr die Todesbedrohung im Herrschaftsverhältnis durch den Entzug dieser Mittel jederzeit aktualisieren. Weil die Reproduktion des Knechtes vom Willen und der Macht des Herren abhängt, wird das Herrschaftsverhältnis so auch zum pragmatischen Interesse des Knechtes. Entgegen der ursprünglichen Prämisse ist also kein symmetrisches, sondern ein »einseitiges und ungleiches Anerkennen entstanden.«9
Wenn der Maßstab der Kritik der Erfahrungen des Selbstbewusstseins seine Einheit in den jeweiligen Unterschieden hat, dann muss sich für die Erfahrungen im Herrschaftsverhältnis zeigen lassen, dass trotz der partiellen Asymmetrie die Erfahrungen von Herr und Knecht diesem Telos genügen, dass also die Erfahrungen des Knechtes ebenso emanzipierend sind wie die des Herren. Hegel muss daher die Perspektive wechseln, um zu zeigen, dass die Erfahrungen des Knechtes im Resultat denselben Gehalt haben. Während bislang das siegreiche Selbstbewusstsein das Subjekt der Erfahrungen war, wird jetzt der Unterlegene zum Subjekt, der in der Naturbearbeitung erfahre, dass er Macht über die Natur hat. Anders der Herr, der nicht über die nötigen Techniken und Erfahrungen verfügt, um sich im Notfall auch selbst versorgen zu können. Damit habe die Erfahrung des Knechtes denselben Gehalt wie die des Herren: Auch der Knecht erfährt Freiheit im Sinne der Unabhängigkeit von Naturzusammenhängen, die er in dem Arbeitsprodukt vergegenständlicht finde und daher anschauen könne: »[D]as arbeitende Bewußtsein kommt also hierdurch zur Anschauung des selbstständigen Seins als seiner selbst.«10
Tatsächlich ist die Arbeit des Knechtes aber von Produktionsbedingungen abhängig, über die er innerhalb des Herrschaftsverhältnisses so wenig verfügt, wie er über sein Arbeitsprodukt verfügt. Damit ist die Abhängigkeit des Knechtes nach zwei Seiten abgesichert: Erstens durch die Todesbedrohung, die sich durch den Herren durch die Androhung von Gewalt oder den Entzug der Produktions- und Reproduktionsmittel jederzeit aktualisieren lässt. Die Früchte seiner Arbeit erscheinen ihm daher gar nicht als seine eigene Leistung, sondern als Wirkungen der Macht, die ihn beherrscht. Zweitens hat die Aufklärung des knechtischen Selbstbewusstseins, anders als von Hegel intendiert, gerade keinen Gegenstand in der Erfahrung des Selbstbewusstseins der Phänomenologie, weil ihm die Wirkungen seiner Arbeit als Wirkungen des Herrschaftsverhältnisses erscheinen, nicht als seine eigenen.
Das Telos, die Begründung der Einheit der Erfahrungen des knechtischen und des herrschenden Selbstbewusstseins, scheitert: Die Knechtschaft ist eine historische Erfahrung, die nicht vernünftig interpretierbar ist, weil sie stets auch Ausdruck von Gewalt, der Bedrohung durch die Aktualisierung der Todesgefahr ist. Gewalt verändert den spezifischen Gehalt von Erfahrung, weil sie zu einem emphatischen Begriff von Aufklärung und Freiheit im Widerspruch steht: Unterwerfung von Menschen unter Menschen ist das Gegenteil dessen, was vernünftig wäre: nämlich die Kooperation aller mit allen. Der Knecht erfährt Freiheit daher nur als instrumentelle Freiheit, also als eine Freiheit, deren Realisierung vom Willen des Herren abhängt. Es ist daher Freiheit in entfremdeter Gestalt. Die logische und die zeitliche Perspektive, die Hegel in der Phänomenologie als ansichseiende Erfahrung und als Erfahrung für uns teleologisch vermitteln wollte, fallen auseinander. Das zersetzt Teleologie als Theorie von der Zweckmäßigkeit des Zusammenhangs des Denkens mit seinen Gegenständen und es zersetzt die Einheit des Systems philosophischer Wissenschaften.
In der Kritik der Durchführung der Einheit der Erfahrungen des Selbstbewusstseins tritt zu Tage, dass die gegen die Individuen sich verselbständigende Vernunft nicht einfach ein Denkfehler Hegels ist, sondern sie ist das Telos systematischen Denkens und hat damit zumindest subjektiv einen objektiven Gehalt. Weil aber, anders als von Hegel intendiert, die philosophischen Gehalte von den historischen zu unterscheiden sind und weil aus dieser spezifischen Unterscheidung folgt, dass das Selbstbewusstsein nur die logische, aber nicht notwendig auch die historische Prämisse für die Bestimmung der Erfahrung ist, kann Hegel nicht unkritisiert bleiben. Resultat dieser Kritik ist, dass die Negation der Negation, also der Versuch Hegels das Andere des Denkens zu einem produktiven Begriff zu machen, nicht in einem positiven Resultat mündet, sondern dieser Gedanke ist seinerseits zu negieren. In der Kritik der Produktivität des Denkens durch seine Bedingungen hindurch eröffnet sich eine Leerstelle, in der erst greifbar wird, was nicht greifbar ist: Dass der Tod kein Gegenstand möglicher Erfahrung und die Einheit der Erfahrung eine negative Einheit ist. Wenn aber der Begriff des Selbstbewusstseins nicht einfach ein Denkfehler ist, sondern Ausdruck seines Wesens, dann bleibt dieser Begriff seiner Kritik auch unterstellt. Es gilt Negativität zu denken, ohne sie als Gedachte zu hypostasieren. Es ist deshalb die Aufgabe gestellt, Negativität darzustellen, als Negation von Darstellbarkeit überhaupt in Warten auf Godot.
Antike Tragödie und Negation bei Beckett
Zunächst wird in Warten auf Godot von Beckett, das Herrschaftsthema thematisch, während vom Tod eigentlich nicht die Rede ist. Becketts Stück, das 1948/49 geschrieben wurde, ist aber als Reaktion auf eine bestimmte historische Erfahrung zu verstehen – die der Shoah. Wie die Reflexion auf das Verhältnis von Selbstbewusstsein, Herrschaft und Tod ästhetisch verarbeitet und dargestellt wird, soll im Folgenden untersucht werden.
War Herrschaft bei Hegel als Konstituens des sich seiner Macht über seine Lebensbedingungen vergewissernden Selbstbewusstseins bestimmt worden, erscheint Herrschaft in Warten auf Godot als Motiv, dessen Herkunft in erster Linie der Reflexion einer ästhetischen Tradition geschuldet ist und erst in zweiter Hinsicht und indirekter Weise seine Gehalte an empirischen Erfahrungen hat. Adorno notiert: »Die Spannung zwischen dem, wovon Kunst getrieben ward, zu ihrer Vergangenheit umschreibt die sogenannten ästhetischen Konstitutionsfragen.«11 Was sich in Warten auf Godot ausdrückt, ist die Frage, wie Kunst im Horizont der sich entwickelnden Kulturindustrie, den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges und vor allem des Holocaust noch möglich sei. Eben diese Frage verweist zunächst auf die Überlegung, was Kunst einmal war. Als Drama hat Becketts Stück seine Wurzeln in der antiken Tragödie.
In der antiken Tragödie, hier am Beispiel der Antigone des Sophokles, erscheint Herrschaft nicht aus der Perspektive der Unterworfenen, sondern aus der Perspektive der Herrschenden, deren Selbstbewusstsein sie aber ebenso zersetzt, wie das der Beherrschten.12 Die Söhne des Ödipus, Polyneikes und Eteokles, haben sich nach dem Tod von Ödipus im Kampf um die Vorherrschaft in Theben getötet, Eteokles als rechtmäßiger Erbe des Herrschaftstitels, Polyneikes hingegen als sein Gegner. Ihr Onkel Kreon übernimmt die Herrschaft nach ihrem Tod und verweigert Polyneikes die Bestattung. Wenn in Sophokles’ Tragödie die Schwester der beiden Toten, Antigone, gegen das Diktum Kreons, Polyneikes bestatten will, dann liegt der Grund darin, dass die persönliche Herrschaft auf der Tradierung der Herrschaftstitel an den männlichen Erstgeborenen gebunden ist und damit auf dem familiären Zusammenhang beruht. Die Forderung nach der Identität der Herrscherfamilie widerspricht aber der Konkurrenz unter den Herrschenden, denn geherrscht wird über Besitz, der entweder durch die Heirat zwischen einzelnen Mitgliedern der Herrscherfamilien oder der durch den Sieg in einer kriegerischen Auseinandersetzung angeeignet wird. Die Identität der Familie und die Konkurrenz um die Herrschaft widersprechen sich und werden zum Konflikt der Protagonisten. Entweder werden die Seiten des Interesses im Verhältnis von Protagonist und Antagonist personifiziert, wie in der Antigone, oder in dem Bewusstsein eines Subjektes verinnerlicht, wie z. B. im Ödipus. Die Gewalt, mit der der Antagonismus in der Antigone als Streit zwischen Kreon und Antigone ausbricht oder im Ödipus in der Erkenntnis der eigenen Vorgeschichte, die in der blutigen Vernichtung der Familie und der Selbstblendung des Ödipus endet, erschüttert das Bewusstsein der dramatischen Figuren.
Aristoteles bestimmt die Tragödie als »Nachahmung einer guten und in sich geschlossenen Handlung von bestimmter Größe, in anziehend geformter Sprache, wobei diese formenden Mittel in den einzelnen Abschnitten je verschieden angewandt werden, Nachahmung von Handelnden und nicht durch Bericht, die Jammer und Schaudern hervorruft und hierdurch eine Reinigung von derartigen Erregungszuständen bewirkt«13. Die Einheit der Tragödie beruht auf der Einheit der Handlung, und es werde mitgeteilt, was nach den »Regeln der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit«14 möglich sei. Das Ziel der Tragödie liegt damit nicht in der Darstellung der Charaktere oder der Wirklichkeit, sondern in der Einheit der Handlung insgesamt. Die Nachahmung von Handlung bezeichnet Aristoteles als Mythos. »Daher sind die Geschehnisse und der Mythos das Ziel der Tragödie. Das Ziel aber ist das Wichtigste von allem.«15 Aus der Einheit der Handlung folgt auch die Einheit der Zeit und des Ortes. Zwar findet das Lesen oder Spielen eines Dramas in der physikalischen, metrisierbaren Zeit statt, aber die Organisation des Verlaufs innerhalb der Tragödie genügt anderen Regeln, sie ist nicht unbedingt chronologisch, sondern genügt den ästhetischen Kategorien von Exposition, aufsteigender Handlung, Anagnorisis, Peripetie, absteigender Handlung und Katastrophe. Der Unterschied zwischen der physikalischen und der ästhetischen Zeit wird noch deutlicher werden, wenn an Beckett dargestellt wird, dass diese Zeitreihe anders als die physikalische auch destruiert werden kann.
Damit wird Herrschaft sowohl in der Antigone wie im Ödipus als Sujet und als Substanz des tragischen Konfliktes benannt, aber nicht um ihrer Erklärung willen, wie bei Hegel. Handlungen werden in der antiken Tragödie nachgeahmt, aber nicht systematisch bestimmt. Die Nachahmung ist nicht der Begriff des Selbstbewusstseins, sondern sie trägt ihren Zweck in sich selbst. Sie ist Sein zweiter Potenz. Die Nachahmung der Handlung, die Nachahmung des Konfliktes der Herrschaft soll dann bei den Zuschauern »Jammern und Schaudern« hervorrufen und die »Reinigung« der Affekte – die Katharsis bewirken.16 Obgleich Aristoteles diesen Begriff nicht näher bestimmt, kann dem Gehalt der Tragödie nach diese Erschütterung der Zuschauer nur durch die in den Tragödien dargestellte Gewalt, die im Konflikt aufbricht, sein. Sie ist das Bild der geschichtlichen und gesellschaftlichen Gewalt und die durch sie verursachte Zerrüttung der Selbstbewusstseine, an die die Tragödien erinnern. Die arbeitsteilige Produktion des Mehrproduktes und damit Herrschaft sind die Bedingungen der ökonomischen Freistellung der Dichter und der Zuschauer, denen die Katharsis gilt. Der gesellschaftliche Gehalt erscheint also in der Tragödie invers, nicht im Stoff der Darstellung, weil darin Wirklichkeit nur nachgeahmt wird, sondern in der Form, die als dramatischer Konflikt organisiert ist, und in der ästhetischen Erfahrung der Zuschauer, denen die Entstehungskosten ihrer Muße vorgeführt werden.
Warten auf Godot ist durch Bezüge auf die Dramaturgie der antiken Tragödien bestimmt, aber im Bewusstsein der geschichtlichen Differenz zwischen der Antike und dem durch den zweiten Weltkrieg und den Holocaust traumatisierten Europa. Durch die Negation der Formkategorien in Warten auf Godot wird gerade die historische Differenz als Differenz der Darstellbarkeit überhaupt thematisch und zwar in vermittelter Weise: Nur durch die Darstellung des Scheiterns der Darstellung hindurch erscheint auch negativ das historische Scheitern.
Das Stück besteht aus zwei Akten, wobei der erste Akt eine Exposition des Themas darstellt, die im zweiten Akt ad absurdum geführt wird. Die vier Figuren Wladimir, Estragon, Pozzo und Lucky werden zunächst in ihren Beziehungen aufeinander eingeführt, wobei die Szene von Wladimir und Estragon eröffnet wird. Beide sind Landstreicher, wobei man von Estragon erfährt, dass er einmal Dichter war. Sie treffen sich an dem Ort, an dem sie auf Godot warten sollen, zu einer Zeit nach der Katastrophe, die aber weiter nicht bestimmt werden kann. Weder erinnern sie sich, was sie von Godot zu erwarten haben, noch, wann er genau kommen soll. Sie wissen nicht einmal genau, welcher Tag eigentlich ist. Ebenso unbestimmt wie die Zeit und der Ort ist auch ihr Verhältnis zueinander. Als Estragon fragt, welche Rolle sie bei der ganzen Warterei eigentlich einnähmen, antwortet Wladimir, dass sie Bettler seien. Sie erbitten und warten auf den Mythos, die Handlung, durch die ihre Rolle, der Konflikt und der Verlauf des Stückes erst bestimmt würde. Erst der Mythos strukturierte die dramatische Zeit als Exposition, aufsteigende Handlung, Wiedererkennen, Peripetie, absteigende Handlung und Katastrophe. Schließlich würde mit dem Mythos auch der Ort bestimmbar, an dem die Handlung stattfindet. Da der Mythos unbestimmt ist, ist auch alles andere unbestimmt. Von Godot, so wird mitgeteilt, hänge ihre Zukunft ab.17
Mit Pozzo und Lucky tritt nicht Godot, der Mythos und das Ziel der Handlung auf, sondern dessen Karikatur. Sie betreten die Bühne als Herr und Knecht, aber für ihr wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis – dessen Bild das Seil ist, das Pozzo Lucky um den Hals gebunden hat, um ihn zu dirigieren – wird weder ein ökonomischer noch ein tragischer Grund sichtbar. Pozzo hat Lucky über und will ihn loswerden und doch gesteht er auch, dass er ihn braucht: »Ohne ihn [Lucky. M. B.] hätte ich nie an etwas anderes gedacht und nie etwas anderes gefühlt als die niederen Dinge, mit denen ich beruflich zu tun habe als … ist ja unwichtig. Das Schöne, die Gnade, die allerletzten Wahrheiten waren zu hoch für mich, das wußte ich. Darum habe ich mir einen Knuck genommen.«18 Zudem verrichtet Lucky seine Dienste als Pozzos Träger. Lucky, der blutig-clowneske Knecht, dessen Hals vom Seil, durch das er an Pozzo gebunden ist, blutig gescheuert ist, kann sich unter der Last seines Schicksals – dem nur mit Sand gefüllten Koffer, kaum auf den Beinen halten. Dennoch erfülle er seinen Dienst, um Pozzo zu beeindrucken, »[d]amit ich ihn behalte.«19
In dem Verhältnis von Pozzo und Lucky klingt das antike Herrschaftsthema noch an, aber es ist funktionslos geworden. Sie können nicht anders. Der Stoff wird so selbst zur Form als Form eines gegenstandslosen Anerkennungsverhältnisses, in dem sich die Figuren nur noch zum Narren machen. So bezeichnet Pozzo seinen Knecht Lucky auch als Hofnarren und Pozzo selbst gebärdet sich eher wie ein Zirkusdirektor, der Anweisungen gibt, aber selbst eigentlich nichts kann, sondern vollständig auf die Dienste seines Knechtes angewiesen ist. Pozzo und Lucky sind das, was von den personae dramatis nach der ästhetischen Katastrophe übrig geblieben ist. Die moralische Empörung von Estragon und Wladimir über die Behandlung Luckies wird vor diesem Hintergrund scheinheilig, was Lucky den beiden auch demonstriert. Als Estragon dem über sein Schicksal weinenden Lucky die Tränen abwischen will, verpasst dieser ihm einen deftigen Tritt. Das Jammern und Schaudern der Aristotelischen Katharsis ist nicht mehr erhaben, sondern zum Mitleid mit dem Unterworfenen verkümmert. Nach dem Tritt weicht es zudem der Furcht und der Verachtung, aber ohne eine Einsicht zu bewirken. Die Katharsis scheitert. Derart inhaltslos wird das Spiel zur Farce, zum Zirkus, nur das über die Witze niemand mehr lachen kann. Als Lucky zum Amüsement der anderen »ihnen was denken soll«20, bringt er nur »Gedanken sans phrase als Phrasen, Teilmaterialien des monologue intérieur, zu denen Geist selber wurde«21 hervor. Das halten die Zuhörer nicht aus: Der Vortrag endet im Handgemenge, weil alle Lucky notfalls mit Gewalt daran hindern wollen weiterzusprechen. Als sie ihn zum Verstummen gebracht haben, lautet die Regieanweisung Becketts zu dieser Szene: »Große Stille. Die Sieger holen tief Atem.«22
Pozzo und Lucky treten ab und der Akt endet mit der Stillstellung des Geschehens: Estragon kann sich schon nicht mehr an das zuvor Geschehene erinnern; der Botenjunge, der Godot ausrichten soll, dass er Wladimir, Estragon, Pozzo und Lucky gesehen habe, ergreift die Flucht, und doch erscheint das Geschehen als Wiederholung des immer Gleichen. Weder können Wladimir und Estragon bleiben, noch können sie gehen, noch können sie ihrem Dilemma ein Ende bereiten. Sie sind stillgestellt.
Beckett zitiert die dramaturgischen Kategorien der antiken Tragödie – ihr Motiv, den Verlauf als Form der Handlung. Weil aber der antike Konflikt gegenstandslos geworden ist, sind auch die dramatischen Kategorien gegenstandslos geworden. Ohne Konflikt und ohne Handlung bleibt nur noch die Zeitreihe selbst als Form des Dramas und es kann nur noch dargestellt werden, dass dieser Verlauf selbst keiner Ordnung mehr genügt. Die Figuren warten, aber sind in ihrem Warten zugleich zeitlos. Entsprechend beginnt der zweite Akt, wo der erste aufgehört hat. Estragon kann sich an nichts erinnern und empfindet es zugleich als Zumutung, dass er sich überhaupt erinnern soll:
»Wladimir: Aber sicher. Erkennst du es nicht wieder?
Estragon: Plötzlich wütend: Wiedererkennen! Was ist da wiederzuerkennen? Ich bin mein Leben lang in der Sandwüste herumgezogen! Und da verlangst du, daß ich Unterschiede sehe! Er blickt in die Runde. Schau dir doch den Dreck an. Ich bin hier nie herausgekommen.«23
Mit dem Scheitern des Wiedererkennens, der Anagnorisis, misslingt zu Beginn des zweiten Aktes ebenso die Peripetie, weil ohne Mythos Estragon keine Identität, keine Vorgeschichte hat, an die er sich erinnern könnte. Das Resultat der Destruktion wird schließlich nochmal als Destruktion des Motivs des ersten Aktes vollstreckt: Pozzo und Lucky treten nochmal auf, aber Pozzo ist nun blind »wie das Schicksal«24 und Lucky ist stumm und schlafsüchtig. Pozzo begreift sich noch immer als Herr, aber er ist jetzt vollständig auf Lucky angewiesen. Beide fallen ständig hin und können sich nur mit Hilfe von Estragon, dem ehemaligen Dichter, und Wladimir auf den Beinen halten. Es ist die Metapher der Tragödie, die sich aus eigener Kraft nicht mehr auf den Beinen halten kann, weil sie obsolet geworden ist.
Zugleich wird im Verlauf des zweiten Aktes immer wieder auf den Rang dieses Scheiterns als ästhetischer Darstellung verwiesen. Wladimir und Estragon finden den Hut Luckies, der bei dem Handgemenge liegen geblieben war, und spielen »Pozzo und Lucky«25. In diesem Spiel im Spiel erscheint die Austauschbarkeit der Figuren gegeneinander, deren Gleichgültigkeit nicht nur aus der Abwesenheit des Mythos resultiert, sondern ebenso aus dem Medium, in dem sie agieren: Sie erklären nicht den Zeitgeist, urteilen nicht moralisch darüber, sondern sie stellen ihn dar.
Auch die Mauerschau im zweiten Akt verweist auf das Medium. Estragon blickt in die Ferne jenseits der Bühne und meint, dort die Ankunft Godots zu sehen. Aber was zunächst als Hoffnungsschimmer aufglimmt, erweist sich als Illusion. Die Mauerschau, die das dramaturgische Problem lösen soll, »gleichzeitiges Geschehen, das außerhalb des Bühnenraums sich abspielt, dennoch zu vergegenwärtigen«26, verweist bei Beckett zurück auf das Nichtgeschehen auf der Bühne. Während Wladimir und Estragon sich verstecken und nichts kommen sehen, stehen sie auf dem Präsentierteller wie Wladimir bemerkt: »Wir stehen hier also auf einem Plateau, das steht fest. Sozusagen auf dem Präsentierteller.«27
Wenn dann Wladimir gegen Ende des zweiten Aktes den schlafenden Estragon betrachtet und feststellt, dass auch ihn ein Anderer betrachtet, »der sich sagt: Er schläft, er weiß nichts, laß ihn schlafen«28, dann wird sichtbar, dass das theatrale Geschehen in sich selbst kreist, nicht die Welt »da draußen« erklären will oder kann. »Pozzo: [...] Sagen wir also nichts Schlechtes über unsere Epoche. Sie ist nicht unglücklicher als die vergangene. Pause. Sagen wir auch nichts Gutes von ihr. Schweigen. Sprechen wir nicht davon.«29 Wladimir und Estragon bewegen sich auch am Ende des zweiten Aktes nicht von der Stelle. Es ist dies der ästhetische Bann, der das Schicksal der Figuren bestimmt, aus dem sie nicht ausbrechen, sondern den sie nur darstellen können.
Der Tod und das Selbstbewusstsein. Konstellation nach der Shoah
Hegel stellt das Selbstbewusstsein als einen Begriff dar, in dem die geschichtlichen und die logischen Erfahrungen so miteinander vermittelt werden, dass die Erfahrung in der mit ihren geschichtlichen Bedingungen vermittelten Einheit des Denkens mündet. Die darin liegende Tendenz des Denkens, sich gegen seine Bedingungen zu verselbständigen, ist dem Denken wesentlich, weil es das Wahre, also das, was unabhängig von seinen Bedingungen in Raum und Zeit gilt, erkennen will. Zugleich gelingt die Durchführung dieser Tendenz nur um den Preis der Funktionalisierung der Leiderfahrungen. Soll diese Funktionalisierung vermieden werden, dann können die Leiderfahrungen nur jenseits philosophischer Systematik erfasst werden, gleichsam negativ als Leerstelle im System. Wenn aber Tod und Leid sich nur als Negationen begreifen lassen, dann sind sie in letzter Instanz nur kritisch denkbar, weil jeder Gedanke daran sie schon wieder zu Begriffen macht, also zu Positiven. Diesem Teufelskreis kann das philosophische Denken nicht entkommen – es bedarf eines Mediums, in dem die Darstellung von Negativität sich gegen das Denken auch eine selbständige Gestalt verschafft – die Kunstwerke.
Warten auf Godot hat seinen Gegenstand, seine Form und sein Ziel in der dramatischen Tradition und in sich selbst. Es ist als Drama insofern reflexiv und autonom. Wo empirische Verhältnisse anklingen, werden sie selbst mystisch und undurchschaubar. Weder wird der Grund für das Herr-Knecht-Verhältnis von Pozzo und Lucky sichtbar, noch wird deutlich, welcher Katastrophe sie ihr Schicksal eigentlich zu verdanken haben. Gleichzeitig und untrennbar davon ist die Darstellung ästhetischer Reflexivität aber nicht affirmativ – im Gegenteil, sie ist die zu negierende Substanz, die, anders als bei Hegel, nicht wieder in einem positiven Resultat aufgehoben wird. Warten auf Godot ist nicht Negation der Negation, sondern bestimmte Negation: »[D]ie bestimmte Negation seines Inhalts wird zum Formprinzip und zur Negation von Inhalt überhaupt.«30 So ist das Verhältnis der dramaturgischen Formbestimmungen der antiken Tragödie zu Godot nicht nur als kunstgeschichtliches intendiert, sondern gemeint ist die antike Tragödie als das zu negierende Moment des kunstgeschichtlichen Inhaltes. Sie ist damit und ist es nicht. Und dieser Inhalt lässt sich nur noch als Destruktion der Form, als Destruktion der Zeitreihe darstellen. Es bleibt einzig der offene Widerspruch: Es wird gezeigt, dass nichts mehr gezeigt werden kann, ohne sich in eben diesem Widerspruch zu zersetzen.
»Danach wird, gekappt, das empirisch Wesentliche seinem genauen geschichtlichen Stellenwert nach hereingenommen und dem Spielcharakter integriert. Dieser drückt wie den objektiven Stand des Bewußtseins den der Realität aus, welche den Bewußtseinsstand prägt. Die Negativität des Subjekts als wahre Gestalt von Objektivität kann nur in radikal subjektiver Gestaltung, nicht in der Supposition vermeintlich höherer Objektivität sich darstellen. Die kindisch-blutigen Clownsfiguren, zu denen bei Beckett das Subjekt sich desintegriert, sind die historische Wahrheit über es; kindisch ist der sozialistische Realismus. In Godot ist das Verhältnis von Herrschaft und Knechtschaft thematisch samt seiner senil irren Gestalt in einer Phase, da die Verfügung über fremde Arbeit andauert, während die Menschheit, um sich zu erhalten, ihrer nicht mehr bedürfte. Das Motiv, wahrhaft eines der Wesensgesetzlichkeit der gegenwärtigen Gesellschaft, wird im Endspiel weiter durchgeführt. Beide Male schleudert Becketts Technik es an die Peripherie: aus dem Hegelkapitel wird die Anekdote, mit sozialkritischer Funktion nicht weniger als mit dramaturgischer.«31
Es ist dies die ästhetische Katastrophe, in der die Erfahrung der geschichtlichen sich widerspiegelt: Die Gegenwart Becketts ist die des Kapitalismus nach dem 2. Weltkrieg. Die industrielle Organisation der Arbeit, die unter den Bedingungen unpersönlicher, privatrechtlich geregelter Herrschaft entstanden ist, hat ein Produktivkraftniveau hervorgebracht, das den materiellen Mangel als technischen Grund für die herrschaftliche Organisation von Arbeit außer Kraft setzen könnte. In einer Gesellschaft aber, die die Akkumulation um der Akkumulation willen betreibt, reicht das nicht hin. Das Produktivkraftniveau ist bedingt durch die Ausbeutung produktiver Arbeitskräfte – das durch sie produzierte Mehrprodukt gehört denen, die ihre Arbeitskraft kaufen, nicht denen, deren Vermögen sie ist. Die kapitalistischen Gesellschaften haben es auf die Aneignung und Akkumulation dieses Mehrproduktes abgesehen. Diesem Prinzip ordnen sich die Menschen unter; es ist maßlos auch um den Preis der Vernichtung durch Arbeit. Gleichzeitig hängt aber die Akkumulation von der Produktion des Mehrwerts durch die Arbeitskräfte ab, so dass das Kapitalverhältnis gegen die Individuen nur in einer Hinsicht rücksichtslos ist, in einer anderen hängt es von ihnen ab. Das Verhältnis beider Seiten zueinander ist fragil und wird politisch austariert.
Bei Hegel hatte Herrschaft noch ein pragmatisches Moment: Dass der Organisation der Reproduktion in einem Zustand des Mangels – wobei dieser Pragmatismus noch von Hegels Intention zu unterscheiden ist: Herrschaft ist die historische Bedingung der Reproduktion, nicht die hinreichende der Realisierung des Selbstbewusstseins. Im Kapitalverhältnis wird dieser Pragmatismus in sich antagonistisch, weil es mit der kapitalistischen Entwicklung des Produktivkraftniveaus keinen Mangel an Gebrauchswerten mehr gibt, sondern ein Problem, über die vorhandenen Gebrauchswerte nach Bedarf verfügen zu können. Darüber hinaus verändert sich gegenüber der Perspektive Hegels das Verhältnis von Wesen und Erscheinung: Die Knechte in Herrschaft und Knechtschaft sind zwar von ihren Produktionsmitteln und ihren Arbeitsprodukten und damit von ihrer eigenen Erfahrung entfremdet, aber die sie beherrschende Macht erscheint noch in menschlicher Gestalt. Im Kapitalverhältnis wird die Entfremdung hingegen potenziert: Die Macht liegt nicht unmittelbar in den Händen der Herren. Produktionsmitteleigner und Arbeitskräfte werden gleichermaßen zu ökonomischen Charaktermasken, deren Agieren sich nicht unabhängig vom gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang machen kann. Der gesellschaftliche Gesamtzusammenhang erscheint aber seinerseits nicht als ein von Menschen bestimmter Zusammenhang, sondern als ein gegen diese verselbständigter, als automatisches Subjekt, dem sie zuarbeiten müssen, wenn sie ein Auskommen haben wollen. Der Fetischcharakter ist Entfremdung zweiter Potenz, weil das ohnehin nicht mehr persönliche Herrschaftsverhältnis die Gestalt eines naturgegebenen Verhältnisses annimmt.
Die Selbstbewusstseine, die sich in der Tradition der Aufklärung verstehen, treffen so im 21. Jahrhundert auf einen historischen Zustand, auf den sie einerseits keinen Zugriff zu haben scheinen, der aber andererseits das historische Resultat menschlichen Handelns ist. Realisiert ist das Selbstbewusstsein in der technischen Emanzipation vom Naturzusammenhang und der erweiterten Reproduktion. Entfremdet ist die Geschichte, weil die erweiterte Reproduktion sich Hand in Hand mit Herrschaft entwickelt hat.
In dieser geistesgeschichtlichen Situation hat das Selbstbewusstsein weniger denn je eine kritische Distanz zur Gesellschaft. Dafür ist der Nationalsozialismus ein mögliches Beispiel. Es realisierte sich in fataler und bis dato unerreichten Weise das Bewusstsein der Entfremdung zweiter Potenz als Entfremdung vom Selbstbewusstsein Hegels: Die Einheit der Gattung zerfällt in der völkischen Unterscheidung von Ariern und Juden und die arbeitsteilige, herrschaftlich organisierte Produktion verliert endgültig ihr Maß an der Reproduktion. Vernichtung durch eine Arbeit, die dann – gemäß der Inschrift in den Eingangstoren der Konzentrationslager – frei machen solle – das ist, obgleich historisch passiert, für ein Selbstbewusstsein, das sich wie der Begriff bei Hegel nach seinen Maßstäben denkt, unvorstellbar.
Die Trennung des Begriffs autonomer Erfahrung von der historisch realen, heteronomen Erfahrung ist Bedingung der Möglichkeit der Kritik. Insofern die Kritik an Hegel und die Analyse Becketts der Begründung und Illustration dieser Differenz dienen, taugen sie zur Ideologiekritik. Aber damit ist zugleich auch die Grenze des philosophisch bzw. ästhetisch Erklärbaren angegeben: Die Erklärung der historischen Konstellation, in der Massenvernichtung und Nationalsozialismus greifen können und stattfinden, sind Gegenstand der Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften.
Den Autoren der Dialektik der Aufklärung scheint der Nationalsozialismus ein Resultat der Aufklärung zu sein, der Realisierung der Herrschaft des Denkens über den Rest der Welt. Wird aber der in sich kritisierte Begriff des Selbstbewusstseins an die Verhältnisse angelegt – so wie es sonst nur von Adorno zu lernen ist – dann erscheint er umgekehrt als ein Resultat des Umstandes, dass Herrschaft nie abgeschafft wurde und das Selbstbewusstsein als fetischisiertes geschichtstreibend war und ist. Das eigentliche Ziel aber aller philosophischen, gesellschaftskritischen, sozialpsychologischen oder historischen Erklärung rückt scheinbar immer weiter in die Ferne: Das Grauen vor der Vernichtung in Worte zu fassen. »Einzig das ganz bewusst gemachte Grauen vor der Vernichtung setzt das rechte Verhältnis zu den Toten: die Einheit mit ihnen, weil wir wie sie Opfer desselben Verhältnisses und derselben enttäuschten Hoffnung sind.«32
Literatur
Adorno, Theodor und Max Horkheimer. Gesammelte Schriften Bd. 3 (Dialektik der Aufklärung: philosophische Fragmente). Darmstadt: Wiss. Buchges., 1998.
Adorno, Theodor. »Versuch, das Endspiel zu verstehen«. In Gesammelte Schriften Bd. 11 (Noten zur Literatur), 281-321. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1998.
Adorno, Theodor W. Ästhetische Theorie. 1. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1973.
Aristoteles. Poetik. Übersetzt von Manfred Fuhrmann. Reclam, 1982. http://www.digbib.org/Aristoteles_384vChr/De_Poetik_.pdf.
Beckett, Samuel. »Warten auf Godot«. In Dramatische Dichtungen in drei Sprachen, 1:433. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1981.
Bulthaup, Peter. »Klassik und Klassizismus oder vom blutigen Grund künstlerischer Freiheit«. unveröffentlicht, o. J. Gesellschaftswissenschaftliches Institut Hannover.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich. Werke Bd. 3 (Phänomenologie des Geistes). 1. Aufl. Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft: Stw. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1986.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich. Wissenschaft der Logik. Das Lehre vom Sein (1832). Hamburg: F. Meiner, 1990.
Kayser, Wolfgang. Das sprachliche Kunstwerk. 11. Aufl. Bern [u.a.]: Francke, 1964.
Städtler, Michael. »Katharsis als Versöhnung? Zur politischen Bedeutung eines Begriffes der Ästhetik«. In Hegels Ästhetik, Die Kunst der Politik – Die Politik der Kunst, herausgegeben von Andreas Arndt, 288-292. Hegeljahrbuch 1999. Berlin: Akademie-Verlag, 2000.
ANMERKUNGEN
1 Dieser Text ist die Ausarbeitung eines Vortrages, der sich ursprünglich um das Verhältnis von Kunst und Selbstbewusstsein in der Ästhetischen Theorie Adornos drehte. Durch einige Nachfragen der Extrablatt-Redakteurinnen und Redakteure zu grundlegenden Thesen des Textes bot es sich an, diese Thematik auf das Verhältnis von Tod und Selbstbewusstsein zuzuschneiden. Andere Passagen, insbesondere zu Beckett, sind unverändert geblieben.
2 Adorno und Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, 19.
3 Diese Frage ist im Kern die Kritik eines der leitenden Paradigmen des 21. Jahrhunderts, nämlich, dass das vernünftige Subjekt Inbegriff von Herrschaft und deshalb aufzugeben sei. Zu befürchten steht, dass damit ebenso die Möglichkeit von Kritik suspendiert wird.
4 vgl. Hegel, Lehre vom Sein, 46, 58.
5 Hegel, Phänomenologie, 132.
6 Kant ist hier vorsichtiger. Er denkt die Natur und das Leben nur, als ob sie teleologisch organisiert wären.
7 Hegel, Phänomenologie, 141.
8 Adorno und Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, 243.
9 Hegel, Phänomenologie, 152.
10 ebd., 154.
11 Adorno, Ästhetische Theorie, 12.
12 vgl. auch Peter Bulthaup, »Klassik und Klassizismus oder vom blutigen Grund künstlerischer Freiheit« (unveröffentlicht, o. J.), Gesellschaftswissenschaftliches Institut Hannover.
13 Aristoteles, Poetik, übers. von Manfred Fuhrmann (Reclam, 1982), 5, http://www.digbib.org/Aristoteles_384vChr/De_Poetik_.pdf.
14 ebd., 8.
15 ebd., 6.
16 Zum Begriff der Katharsis vgl. Städtler, »Katharsis als Versöhnung«.
17 Beckett, »Warten auf Godot«, 55.
18 ebd., 65.
19 ebd., 61.
20 ebd., 81.
21 Adorno, »Versuch, das Endspiel zu verstehen«, 283.
22 Beckett, »Warten auf Godot«, 95.
23 ebd., 127.
24 ebd., 185.
25 ebd., 153.
26 Kayser, Das sprachliche Kunstwerk, 198.
27 Beckett, »Warten auf Godot«, 155.
28 ebd., 197.
29 ebd., 65.
30 Adorno, Ästhetische Theorie, 371.
31 ebd., 370 f.
32 Adorno und Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, 243.
« Zurück